Begleitet vom Tonhalle-Orchester unter seinem Chefdirigenten Lionel Bringuier stellte die Orpheum oStiftung diese Woche zwei ihrer Schützlinge vor, beide 25 Jahre jung. Den Anfang machte die deutsch-italienische Pianistin Sophie Pacini mit dem Vierten Klavierkonzert von Beethoven.
Sie gestaltete das einleitende Solo betont vorsichtig, zurückhaltend, zögernd, verhalten. Bringuier nahm die Orchestereinleitung flüssiger, später im Tempo noch anziehend, Fahrt aufnehmend. Das war kein Bruch oder Gegensatz, sondern bewusstes, stimmig-dramatisches Konzept. Im ersten Satz erlebte ich vor allem zwei Facetten in Sophie Pacinis Darbietung: Themeneinsätze, wie den Beginn des ersten „richtigen“ Solos mit seinen Tritonusschritten, gestaltete sie sorgfältig in Artikulation, Phrasierung und Dynamik. Die zahlreichen Läufe und raschen Figuren hingegen nahm sie sehr flüssig, mit Elan, mehr auf glattes, virtuoses Spiel und Bögen achtend denn auf Feingliedriges. Es gab auch im zweiten Thema durchaus aufblitzende Details, daneben einige etwas willkürliche Tempoänderungen. Oftmals erschienen Läufe eher summarisch, gelegentlich mit einer Tendenz zu viel Pedal. Dieses Bild bestätigte sich auch in der großen von Beethovens zwei Kadenzen.
Das Andante con moto ist charakterisiert durch den Gegensatz zwischen den schroffen Einwürfen des Orchesters und den flehenden, sehnsüchtigen Passagen des Solos. Pacini vergrößerte den Gegensatz noch durch eine bewusst jugendliche Agogik, bei der sie in einigen Motiven eher momentan beschleunigte statt durch Verzögern Spannung aufzubauen. Ein ungewöhnlicher, origineller Ansatz, mit durchaus subtiler Dynamik. Im Rondo wiederholte sich das Bild aus dem ersten Satz: auch hier fiel mir der etwas (zu) großzügige Pedaleinsatz auf, und das oftmals summarische Spiel in raschen Figuren und in der Kadenz. In Spannungsbögen legte die Pianistin im Zeitmaß oft deutlich zu, um dann kurz vor der nächsten Phrase wieder zu verlangsamen. Sophie Pacinis pianistische Fähigkeiten sind sehr beachtlich; aus meiner Sicht ist dieses Werk jedoch nicht geeignet, geschliffene Virtuosität zur Schau zu stellen. Aber die Solistin steht ja erst am Beginn ihrer Karriere, hat also noch viel Luft für weitere Entwicklungen.
Mit der Pause erfolgte ein Wechsel vom Konzertflügel zur Violine, von der Wiener Klassik in die Spätromantik des kühlen Nordens: der russisch-belgische Geiger Marc Bouchkov präsentierte das Violinkonzert von Jean Sibelius. Er spielte auf einem Instrument von Jean-Baptiste Vuillaume von 1865. Bouchkov überzeugte nicht nur durch sein selbstsicheres Auftreten und seine Musikalität, sondern auch und vor allem durch den Klang, den er mit seinem Instrument erzeugen kann. Von Beginn weg gefiel mir sein weicher, seidener Ton, bar jeglicher Schärfe, vor allem aber das volle Volumen in der Tiefe. Natürlich hat Sibelius sein Werk sehr umsichtig instrumentiert, um sicherzustellen, dass das Solo-Instrument nicht zugedeckt wird. Dennoch war die Wärme und Größe des Klangs umwerfend.