Wenn immer ich Ádám Fischer im Konzert begegne, sehe ich einen rastlosen Dirigenten. Der Eindruck der Musik und das Wünsche-Erfüllen seitens der Musiker sind ihm an seinen Gesten und in seinem Gesicht ungekünstelt abzulesen. Nicht anders war dies in den 2020er Corona-„Ausnahmen“. Im Mittelpunkt stand natürlich Beethoven, der sich Fischers dauerbrennnende Bewunderung mit Haydn, Mozart, Schubert, Brahms, Dvořák, Mahler und Bartók teilt. Ehe regulär vor allem noch viel mehr Haydn, Beethoven und Dvořák erklingen mögen, setzte der Chef der Düsseldorfer Symphoniker mit Beethovens Siebter und Haydns Symphonie Nr. 44 ein kräftiges Lebenszeichen im neuerlichen Kultur-Lockdown. Stillsitzen ist eben nicht so sein Ding.
Obgleich ich daheim vor dem Bildschirm gemütlich liegen konnte, hielt es mich auch nicht auf dem Möbel, als ich die ersten Töne des Allegro-Feuers von Haydns Trauer-Symphonie vernahm, die ihren Beinamen natürlich erst später verliehen bekam. Zu entzückt war ich nämlich von dem energischen Sturm und Drang, den Fischer in typisch motivierender, den Taktstock umgreifender Einschwörung forderte und den sein Orchester sehr beweglich umsetzte. Besonders erfreute mich dabei die sehr kleine Besetzung, die im Kopf der Symphonie zur ungemeinen Stärkung von Klarheit und Transparenz (und damit Befeuerung meiner Glückseligkeit) ohne Vibrato spielte. Dass deshalb – unterstützt durch die Livestream-Mikros ohne Publikum – das leidenschaftliche Mitsummen des Dirigenten hörbar wurde, ist ein praktisch verschmerzbarer Beifang im Netz aus eleganter Melodieführung und dem aufmerksamst geschürften Gefälle aus fein-weichem und subito-starkem Lautstärken- und Akzentextrem Haydn'scher Einzigartigkeit.
Dem Menuetto gewann Fischer dann trotz einer gewiss-schreitenden Gemütlichkeit eine nachdenkliche Aufwühlung ab, wobei mich selbst jene etwas unwohler befiel, als Gast-Konzertmeister Pruschinsky im Quintett der Streichinstrumente im Trio plötzlich zu sehr auf Vibrato setzte. Er sollte fortan die zu Beginn eingezogene Linie verlassen, dessen Abwege im Laufe des Konzerts immer mehr einschlugen und meinen Gesichtsausdruck etwas verstimmen ließen. Der titelgebende dritte Satz, das gedämpfte Adagio, verleitete folgend tatsächlich zu einer persönlichen Assoziierung, wie Haydns Beisetzung musikalisch unterlegt gewesen wäre: nicht zu tränengesengt schwülstig, sondern in süßlich-schmerzlicher Erinnerung an einen warmherzigen, würdevollen und witzigen Menschen. Pure Wildheit im stilistischen Gewand der Zeit entlockte Fischer letztlich nicht anders möglich dem Presto, als er am liebsten durch die Reihen der DüSys gesprungen wäre. Das Orchester zündete ein fulminantes Akzent- und Dynamikfeuerwerk, nach dessen agogisch abgesetztem Finale ich erst recht wieder auf den Beinen war. Zwischendurch zuckte ich schon, als die Horn-Synkopen im Hintergrund hervorlugten und sich dessen Geraden mit dem rhythmischen Streicher-Versatz abwechselten.