Einer Liebeserklärung an die Violine gleich kam das Galakonzert anlässlich des 25. Jubiläums der künstlerischen Zusammenarbeit Anne-Sophie Mutters und des Pianisten Lambert Orkis. Lieblich-weich, melancholisch, zutiefst verletzt, aggressiv: Der Facettenreichtum ihrer Interpretation war beeindruckend und bezeugte die technische Perfektion der beiden Künstler.

Am Anfang dieses hochkarätigen Konzertes stand die Zweite Violinsonate von Brahms. Entstanden während seines Aufenthaltes am Thunersee See in der Schweiz, stellt dieses Werk eine Liebeserklärung an die Sopranistin Hermine Spies dar, die in den Zitaten verschiedener Lieder versteckt ist. Weich und gefühlvoll trug der Pianist das erste Thema basierend auf dem Lied Komm bald vor und gestaltete es mit einer unvergleichlichen dynamischen und artikulatorischen Präzision. Anne-Sophie Mutter beantwortete das Thema in dem für sie so kennzeichnenden kernigen Ton mit intensivem Vibrato. Es entwickelte sich ein immer dichter werdender Dialog zwischen beiden Instrumenten. Das Seitenthema, ein deutliches Zitat des Liedes Wie Melodien zieht es mir, bildete mit seinen scharfen daktylischen Rhythmen zunächst einen Kontrast zum Hauptthema, um dann in einen dem Lied entsprechenden lieblichen Gestus überzugehen. Beide Künstler, die musikalisch ausgezeichnet miteinander harmonierten, erreichten hier einen wunderschönen tragenden Klang, der das Hoffen des Liebenden gefühlvoll einfing.

Nach der dialogartigen, aber stets fließend-lieblichen Verarbeitung der Themen in der Durchführung endete der Satz mit einer Reminiszenz an das Hauptthema. Auch die vielen Kontraste innerhalb des zweiten Satzes, in dem eine ruhige, vokalisenartige Melodie sich mit dem im Vivace vorgetragenen, hochvirtuosen, an norwegische Folklore erinnernden Thema abwechselt, arbeiteten Anne-Sophie Mutter und Lambert Orkis prägnant aus. Befremdlich war jedoch der von Brahms nicht vorgesehene pausenlose Übergang in den Finalsatz. Auch in der Beethoven-Sonate verzichteten die Künstler auf Ruhepausen zwischen den Sätzen und nahmen dem Publikum damit die Möglichkeit, die in verhältnismäßig hohem Tempo vorgetragene Musik auf sich einwirken zu lassen.

An die Brahms'sche Violinsonate knüpften Anne-Sophie Mutter und Lambert Orkis mit Respighis Violinsonate in h-Moll an, die sich am Klangbild jenes ersten Komponisten inspiriert. So bildeten diese Werke eine musikalisch sinnfällige Einheit und bestachen zugleich durch ihren großen stilistischen Kontrast. Wie Brahms wählt Respighi für den ersten Satz ausgedehnte elegische Themen. Über einem Wechselnotenmotiv des Klavieres setzte die Violine mit ihren weitläufigen, von Chromatik und großen Sprüngen durchsetzten und dadurch sehr ausdrucksstarken und zugleich modern wirkenden Melodiebögen ein.

Anne-Sophie Mutter gestaltete diese Melodieläufe beeindruckend vielfältig. Mal gab sie den Tönen eine elegisch-ruhige Färbung, mal gestaltete sie den Klang dramatisch-intensiv, stets verknüpft mit großer dynamischer Präzision. Orkis dialogisierte mit der Violine, indem er mit einem zurückhaltenden aber überaus nuancenreichen Klangteppich die Grundlage für die sich aufschwingenden Melodien gab, um immer wieder selbst an den Themen Teil zu haben und sie in interpretatorischer Vollendung vorzutragen. Der zweite Satz führte mit einem ausgedehnten, lyrischen Klaviervorspiel in ein fast entrückt wirkendes Klangbild ein, das Orkis meisterhaft einfing. Anne-Sophie Mutter fügte sich symbiotisch in diese Klangfarbe ein, bis sich das Verhältnis der Instrumente verkehrte und die Solistin ihrerseits dieses entrückte Klangbild glanzvoll vollendete und damit das Publikum faszinierte. Fast unmerklich klang dieser Satz aus.

Dass sie nicht nur Meister der Interpretation sind, sondern auch über ein außergewöhnliches technisches Talent verfügen, bewiesen Anne-Sophie Mutter und Orkis mit Ravels Tzigane, einem zigeunerhaft anmutenden, hochvirtuosen Werk. Anne-Sophie Mutter trug den solistischen ersten Teil in atemberaubenden Tempo vor: Eine technische Meisterleistung, die bisweilen die musikalische Wirkung etwas schmälerte, aber nichtsdestoweniger beeindruckte. Die hochanspruchsvollen technischen Passagen des zweiten Teils trugen beide Künstler in Perfektion vor und verliehen dem Werk eine faszinierende dynamische Ausdrucksweite.

Die künstlerische Leistung Anne-Sophie Mutters und Lamberts Orkis war in ihrer interpretatorischen Feinheit, ihrer klanglichen Schönheit und technischen Präzision gleichsam eine Liebeserklärung an die Violine.

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