Ein Werk, das vor Lebensfreude vibriert und großen Optimismus versprüht und ein Werk, das sich bereits mit dem Abschied vom Leben und dem Ewigkeitsgedanken befasst – so unterschiedlich die Dritte Symphonie von Robert Schumann und das Lied von der Erde von Gustav Mahler auch scheinen mögen, verband das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks die beiden Werke unter der Leitung von Sir Simon Rattle im Münchner Herkulessaal zu einem schlüssigen Konzertereignis.
Das lag vor allem an der Emotionalität, mit der Rattle und die Musiker die Werke angingen. Bereits der erste Satz der „Rheinischen“ atmete in jeder Sekunde die Lebenslust, die Schumann in seiner Symphonie zum Ausdruck bringt. Die Eindrücke, die Schumann kurz nach seinem Umzug von Dresden nach Düsseldorf sammelte, verbinden sich in seiner Dritten zu einem euphorischen Werk, das gerne als Ausdruck der „rheinischen Fröhlichkeit“ interpretiert wird.
Größte Transparenz schien bei dieser Interpretation Rattles oberstes Gebot zu sein. Diese tat der Musik zwar gut, allerdings konnte er dabei aber nicht vermeiden, dass sich einige Unsauberkeiten im Zusammenspiel einschlichen. Der zweite Satz floss mit tänzerischer Leichtigkeit dahin und den Beginn des dritten Satzes entwickelte Rattle sehr überlegt und unaufgeregt. Die gut gewählten Tempi und der satte Klang in den Ecksätzen sowie der vierte „feierliche“ Satz, den Rattle mit seinem sakralen Charakter spannungsreich voranschreiten ließ, machten diese Version der „Rheinischen“ so lebendig.
Die Arbeit am Lied der Erde begann Gustav Mahler nachdem er eine Reihe von Schicksalsschlägen zu verarbeiten hatte. Nicht nur war seine Tochter an Diphterie gestorben, er hatte auch seine Stellung als Direktor der Wiener Hofoper wegen einer antisemitischen Hetzkampagne verloren. Darüberhinaus erhielt Mahler die Diagnose einer schweren Herzkrankheit, die wenige Jahre später zu seinem Tod führen sollte. All dies dürfte Mahler beschäftigt haben, als er die symphonische Kantate schrieb, in der er eine so revolutionäre Tonsprache fand, wie er sie in keiner seiner vorherigen Symphonien verwendet hatte. Besonders der ausladende letzte Satz des Werks, das sich nicht recht auf eine spezielle Gattungsform festlegen will, gestaltete Mahler als transzendente Ausflucht aus der hiesigen Welt.