Bach ohne Arnstadt, Arnstadt ohne Bach, das ist einfach unvorstellbar. Einiges erinnert an den großen Komponisten und dessen Familie, so dass das kleine thüringische Städtchen, in dem Johann Sebastian Bach seine erste Festanstellung als Organist erhielt, das historisch-informierte Thüringer Bach Collegium nach über 300 Jahren ohne kommunal-eigenes musikalisches Aushängeschild als barockes Heimat- und Botschafterensemble letztes Jahr aus dem benachbarten Weimar „abwarb“. Die Verbindung dorthin besteht aber dennoch unweigerlich durch den Lauf der Geschichte und repertoirischen Kern des Orchesters mit besonders wiedererfrischten Werken von Bach- und Walther-Schüler Johann Ernst Prinz von Sachsen-Weimar fort, der nun durch zwei Rekonstruktionen von Geigenprimus Gernot Süßmuth zurück zur musikalischen Stimme findet. Sie wurden zusammen mit transkribierten Orgelkonzerten (logisch!) beim Bach-Festival natürlich in der Bachkirche vorgestellt.
Auch das berüchtigte Konzert für drei Cembali (BWV1064) sollte dabei in seinem Ursprung als Tripel-Violinkonzert erklingen, doch begann der wirklich furiose und denkwürdige Abend mit einer überraschenden Programmänderung. Der Planung anstelle eröffnete das Thüringer Bach Collegium seinen offiziellen Einstand nämlich mit Vivaldis Streicher- bzw. Doppelviolinkonzerten in g-moll (RV157) und a-moll (RV522), um völlig nachvollziehbarer- und erklärenderweise auf den Concerto-Ursprung der Stücke hinzuweisen. Es herrschte zu den ersten beiden 1700er-Jahrzehnten schließlich Vivaldimania, die – nach und mit Corelli, Albinoni, Torelli, Valentini, Locatelli, Marcello & Co – ebenso Einzug in den thüringischen und sächsischen Musikzentren hielt. Kein Wunder für Bach (Cousin Johann Gottfried Walther sowie Freund und späterer Johann-Ernst-Herausgeber Telemann), schließlich hatte der Prinz die neuesten Druckerzeugnisse aus Amsterdam in der Tasche – sowohl für eigene Anregungen als auch für die ergötzende Verbreitung im Kreis und Umkreis der Kollegen. Ergötzen ließ sich geradezu an diesen vom Orchester vorgebrachten Vivaldi-Konzerten, die dem Titel exakt entsprechend hör- und sichtbar virtuos-spritzige Empathie, Emphase und Spaß atmeten. Allen Mitgliedern war die Lust und berechtigte stolze Freude über das Präsentieren anzumerken, vor allem den gleichwertig, gespanntreu-balancierten Solisten Raphael Hevicke und Süßmuth, in dem wiederum besonderer Enthusiasmus loderte.