Das war eine Premiere. Es war das allererste Mal, dass Bariton Matthias Goerne und Fortepiano-Spezialist Kristian Bezuidenhout bei einem öffentlichen Konzert zusammen auf der Bühne standen. Ihr Beethoven-Liederabend, der die bekannteren seiner Lieder wie An die ferne Geliebte und Adelaide in den Kontext einiger seiner anderen Werke in diesem Idiom setzte, war durchgängig intensiv musikalisch und regte zum Nachdenken an.
Die beiden Künstler begannen ihre Erkundungstour dieser Welt nicht mit einem Knall, sondern mit einem Flüstern. Das eröffnende Lied war eines der intimsten und leisesten aus Beethovens über 80 Liedkompositionen, und eines der zuletzt komponierten: Resignation aus dem Jahr 1817. Das war klug geplant und zog die Aufmerksamkeit des Publikums dadurch auf sich, dass wir direkt an einen stillen Ort in dieser faszinierenden und kleinformatigen Klangwelt des Fortepianos transportiert wurden
Dieses Konzert hob Bezuidenhouts instinktives und unfehlbares Gefühl für Tempo und Timing hervor. Welch ein Segen für jeden Sänger. Die relative Abwesenheit von Resonanz des Fortepianos – ein schöntöniger, niederländischer Nachbau eines 1824er Graf-Instrumentes – bedeutete, dass die Stille als Absprung zur nächsten Phrase immer früher begann als auf einem modernen Klavier. Diese Stille gab beiden Künstlern die Gelegenheit, den nächsten Sprung zu planen, das nächste Tempo, und es war eine Freude zu sehen, mit welcher Einstimmigkeit jeder dieser Schritte getan wurde. An die ferne Geliebte war meisterlich. Bezuidenhouts Art, ein Lied zu beenden – der Pianist hat fast immer das letzte, leise Wort – war ausnahmslos perfekt geeicht und ausgewogen.
Wie Misha Donat im Programmheft des Konzertes betonte, wurden Beethovens Lieder überwiegend verfasst, bevor Schubert seine Karriere im Bereich Liedkomposition begann. Es war darum faszinierend, einen Sänger, der die obsessiven und verrückten Mörder der Opernwelt gespielt hat (zum Beispiel Orest in Strauss' Elektra oder Bergs Wozzeck), sich einer von biedermeierlicher Vornehmheit begrenzten Welt anpassen zu sehen und zu hören. Goerne ist ein sehr erfahrener Liedersänger, und so lautete die Frage nicht, ob ihm das gelang, sondern wie er es tun würde.
Die Antwort auf diese Frage dreht sich ganz um Musikalität, um ausgezeichnete Phrasierung. Das Liedchen von der Ruhe zeigte wahre Partnerschaft, als würde ein Geschenk zwischen Pianist und Sänger von einem zum anderen gereicht. Die Goethe-Vertonung Maigesang klingt oft – selbst von Friedrich Fischer-Dieskau – wie eine eilige Einkaufsliste deutscher romantischen Tropen. In Goernes Interpretation bekam es die richtige kumulative Wirkung; die dunklen, brütenden Molltöne im Gellert-Lied Vom Tode waren ergreifend und denkwürdig und machten es zu einem der Höhepunkte des Abends.
Goernes vokale Kontrolle und die Ebenmäßigkeit seines Tons erlauben ihm, Worte zu strecken, sie zu genießen und für einen Augenblick darüber innezuhalten, beispielsweise bei „Du Gott der Langmut und Geduld“ im letzten der Gellert-Lieder, und ihre Bedeutung durch seinen Gesang zu bekräftigen. Ein weiteres wunderbares Beispiel war das Bild des Engels, der seine Tränen zählt; in An die Hoffnung wird es mehrmals wie ein Mantra wiederholt und es ist ein Bild, das sicherlich im Gedächtnis bleibt.
Mit Beethovens Vertonung von Goethes Neue Liebe, neues Leben schickten Goerne und Bezuidenhout das Publikum mit einer aufgeweckten Studie über das Verliebtsein nach Hause – und mit der Frage, ob Beethoven sie umgarnt hat, oder ob in Zukunft auch ein anderer Komponist Goerne und Bezuidenhout verführen können wird. Schubert wird sicherlich locken, aber vielleicht auch Weber und Carl Loewe. Es wird spannend sein, nach einem so starken Start die weitere Entwicklung dieser Partnerschaft zu beobachten.
Aus dem Englischen übertragen von Hedy Mühleck.