„Cieli, che miro!“- Himmel, was sehe ich! Was den Herzog Bertrando in diesem Einakter von Rossini so verblüfft, ist, dass ihm bei der Inspektion einer Eisenmine plötzlich eine Frau entgegentritt, die seiner tot geglaubten Gattin Isabella bis aufs Haar ähnelt.
Vor zehn Jahren war sie von Ormondo der Untreue bezichtigt worden, weil sie dessen Liebesverlangen nicht erwidert hatte. Der Herzog ließ daraufhin seine Frau durch seinen Diener Battone in einem Kahn aussetzen und hilflos den Fluten des Meeres übergeben. Doch, o Wunder, sie wurde von Tarabotto gerettet und in seinem Haus aufgenommen, wo er sie, ohne ihre wahre Identität zu kennen, als seine Nichte Nisa ausgibt. Wie das Schicksal es will, liegt das Haus am Rande eben desselben Bergwerks, das der Herzog nun aufsucht und wo Tarabotto der Chef der Bergleute ist. Während der rund 90 Minuten dauernden Oper löst sich nun allmählich der Knoten aus Täuschung, Hoffnung und natürlich wahrer Liebe. Dazwischen geschaltet ist noch ein Entführungsversuch, aber im Finale gibt es für fast alle (außer den größten Schurken Ormondo) den erlösenden Generalpardon.
Die Handlung, die Rossinis Librettist Giuseppe Maria Foppa für den knapp zwanzigjährigen Komponisten da gemixt hat, war für das damalige Publikum wohl umso unterhaltender, je höher der Wiedererkennungswert der einzelnen Zutaten war, denn diese Farsa per musica machte Rossini in der Karnevalssaison 1812 in Venedig schlagartig zum Star und eroberte anschließend die Bühnen in ganz Europa. Oper im Kleinformat: nur 5 Protagonisten, rund 20 Instrumentalisten, eine knapp ausgestattete Einheitsbühne, dafür aber zündende Musik in einer Mischung aus lyrischer Innigkeit und furiosem Tempo - Garanten des Erfolgs damals wie heute. Beim Rossini-Festival in Bad Wildbad setzte man nun ebenfalls auf dieses Rezept.
Musikalisch ist das auch größtenteils aufgegangen, geschuldet vor allem dem Dirigenten Antonino Fogliani, einem erwiesenen Rossini-Spezialisten und seit elf Jahren musikalischer Leiter des Wildbader Festivals. Trotz oder vielleicht gerade wegen der subtropischen Hitze dieses Abends gab er dem Orchester gehörig Zunder, und dieses ließ aus der Partitur des jungen Rossini schon viel von dem Glanz seiner reiferen Werke erstrahlen: delikate Melodik und rhythmischen Drive. Die Virtuosi Brunenses, Musikerinnen und Musiker vornehmlich der Oper im tschechischen Brünn, spielten engagiert und präzise und klangschön zudem. Ein Sonderlob für die Bläser: die Solisten an Flöte, Oboe und Klarinette und Horn, denen Rossini an prominenten Stellen besonders reizvolle Aufgaben zugedacht hat.