Was verbindet Joseph Haydn, Gustav Mahler und Friedrich Cerha? Alle drei dürfen sie als Überväter des österreichischen Komponierens gelten. Unter dem leider etwas diskreditierenden Beinamen „Papa Haydn“ wurde Joseph Haydn zu einem Begründer des Phänomens, das man später als Wiener Klassik bezeichnen sollte. Gustav Mahler, von einem Teil seiner Zeitgenossen scharf kritisiert, wurde vor allem für die Wiener Schule um Arnold Schönberg zur schöpferischen Gründerfigur, und zuletzt Friedrich Cerha, der als Komponist, Dirigent, Professor und Musikschriftsteller bis heute aktiv ist und zu einer Vaterfigur der österreichischen Musik nach 1945 wurde. Zum 90. Geburtstag des Letztgenannten führte nun das ORF Radio-Symphonieorchester Wien (RSO) unter seinem Chefdirigenten Cornelius Meister mit Erfolg Werke dieser drei österreichischen Komponistenüberväter zusammen.
Die weniger gute Nachricht gleich zu Beginn: Die Ouvertüre zu Joseph Haydns Festa teatrale Acide e Galatea erwies sich an diesem Abend im Großen Saal des Wiener Konzerthauses als das am schwächsten musizierte Werk des Abends. Obschon Cornelius Meister mit seinem feurigen Dirigat in die Vollen zu gehen schien, wollte diese Musizierhaltung nicht so recht über die Rampe tragen. Trotz passend gewählter Tempi mochte sich das richtige Haydn-Musizieren nicht einstellen, sodass die Ouvertüre keinen nachhaltigen Eindruck hinterlassen konnte; Haydn erwies sich in dieser Interpretation traurigerweise als der Quotenklassiker des Programms.
Einen gänzlich anderen Eindruck hinterließ da das mit anrührender Kraft ausgeführte Adagio zu Gustav Mahlers unvollendet gebliebener Symphonie Nr. 10. Spröder noch als die Neunte Symphonie und auf harmonischer, melodischer und rhythmischer Seite viel explorativer erwies sich dieses beliebt gewordene Fragment als ein ideales Stück für das RSO. Die Musiker konnten hier zur Hochform auflaufen, was bereits im Andante-Thema der Bratschengruppe und im Adagio-Thema des Orchesters spürbar wurde. Die Spannung war tatsächlich in der Luft zu greifen.
Komplettiert wurde diese feinsinnige Interpretation in Melodieführung und Agogik durch souverän ausgeführte Instrumentalsoli. Einzig zwei Abstriche sind hier zu machen, die aber zugegeben sehr ins Detail gehen. Der große Höhepunkt des Satzes mit seinem Neunklang aus Terzschichtungen geriet vielleicht etwas zu brachial und das fein austarierte Verklingen am Ende des Satzes wurde von allzu direkten Flöten etwas gestört. Sieht man aber von diesen kleinen Irritationen ab, so kann man von einer mehr als gelungenen Ausführung des Adagio sprechen.