„Da gibt es rein gar nichts auszusetzen“, so der einhellige Tenor der musikbeflissenen Zuhörer im Münchner Gasteig der Soirée mit der Academy of St Martin in the Fields unter der Leitung von Julia Fischer als Konzertmeisterin, die gemeinsam mit ihrem kongenialen Partner Augustin Hadelich auch den Solopart zweier Werke übernahm.
Das Programm begann entgegen der Vorankündigung aus dramaturgischen Gründen mit dem Konzert für zwei Violinen, Streicher und Basso continuo in d-Moll, BWV 1043, von Johann Sebastian Bach. Zügig und beschwingt erklangen die einleitenden Sechzehntelmotive und ließen keinen Zweifel daran, dass hier eine Gruppe von Musikern auf der Bühne waren, die zu den Besten ihres Faches gehören. JuliaFischer und die Academy verbindet eine jahrelange Zusammenarbeit, sodass sie neben ihrem Solopart auch die Leitung des Orchesters übernahm, mit großen schwungvollen Bewegungen, aber auch ganz kleinen Gesten, und stets durch ihre musikalische Energie, der man sich weder auf der Bühne noch im Zuschauerraum entziehen konnte. Voll, warm, und in den unteren Lagen tenoral klang ihre Interpretation des Bach’schen Meisterwerks. Augustin Hadelich wob seinen Solopart blitzsauber und feinfühlig in Julia Fischers Tongirlanden, ohne sie zu imitieren, denn er besitzt seinen eigenen, charakteristischen Geigenton, markig im Tonansatz und variantenreich in der Tongestaltung, mit Schattierungen von dunkelwarm bis hellsilbrig. Beim ohrwürmelnden zweiten Satz gelang den Musikern das schier Unmögliche, klang er doch luftig und geerdet zugleich. Vollendet auch der dritte Satz, bei dem besonders die Academy durch kontrastreiche Einwürfe und fein herausziselierte Kontrapunktik die vollendete Kompositionskunst Johann Sebastian Bachs offenbarte. Welch glückliche Fügung des Schicksals, dass Bach als Hofkapellmeister in Köthen die Möglichkeit hatte, selbstbestimmt weltliche Musikdenkmäler wie das Doppelkonzert in Serie zu produzieren.
Es folgte die Chamber Symphony (2019) von Andrey Rubtsov. Flirrende Schwebungen in Vierteltönen und verblüffend wohlklingende sphärische Dissonanzen, gefolgt von rhythmischen Passagen, und immer wieder tonale Abschnitte in meist hochromantischem Duktus zeichnen dieses Werk aus, das in seiner Fülle musikliterarischer Referenzen wohl auch ein programmtechnischer Fingerzeig an den im zweiten Teil des Abends folgenden Alfred Schnittke ist. Julia Fischer hatte mittlerweile den Platz der Konzertmeisterin eingenommen und zeigte uns – als hätten wir das nicht schon gewusst – wie versatil sie sich in verschiedenste musikalische Kontexte einzufügen vermag: immer hochkonzentriert, vorbildlich führend und dennoch erfrischend bescheiden. So gelang Rubtsovs abwechslungsreiche Kammersymphonie grandios und schickte die Zuhörer der recht gut besuchten Philharmonie glückselig in die Pause.