Diese Woche war es wieder soweit: Martin Grubinger gab sich die Ehre in München, und zwar zum ersten Mal in der Isarphilharmonie. Grubinger selbst war vom Saal sehr angetan, wie er das Publikum während seiner kurzweiligen Moderation wissen ließ. Kein Wunder, denn sowohl die Atmosphäre als auch die Akustik der gänzlich mit schwarzen Holzpanelen verkleideten Münchner Konzerthalle mit ihrem edlem Fabrik-Charme waren die perfekte Kulisse für das Schlagzeug-Fest, welches Martin Grubinger mit seinem Percussive Planet Ensemble dem Münchner Publikum bescherte.

Martin Grubinger
© Simon Pauly

Das Konzert begann mit einem Stück des japanischen Komponisten Maki Ishii, bei dem mehrere hängende Tsuri-Daiko-Trommeln im hinteren Bereich der Bühne von Grubinger und vier seiner Schlagzeug-Kollegen mit dem Rücken zum Publikum bearbeitet wurden. Von weichem, kaum hörbarem Klopfen bis hin zu wuchtigen Schlägen, mit der ganzen Kraft des Oberkörpers aus der Schulter geschleudert, sog dieses Entrée die Zuhörer unmittelbar in die hypnotische Welt der Perkussion.

Mit ersten Schweißperlen auf der Stirn und doch spürbar energiegeladen begrüßte Grubinger das Publikum und sagte das erste große des Abends Werk an. Nachdem er mehrmals bei John Williams eine Komposition angefragt und diesem immer wieder andere Projekte dazwischen gekommen waren, hatte sich Martin Grubinger sen. ein Herz gefasst und vor einigen Jahren mit dem Stück John Williams Special Edition viele bekannte Filmmusik-Themen des großen Hollywood-Musikers bearbeitet zu einem kurzweiligen Arrangement vereint. Grubinger senior dirigierte auch beschwingt und mit groovigen Hüftschwüngen das Ensemble aus Trompeten, Posaunen, Saxophon und vielfältigen Schlaginstrumenten.

Los ging’s mit dem epochalen Hauptthema von Star Wars. Phänomenal, wie präzise und dynamisch ausgefeilt Martin Grubinger die Pauken schlug, ganz zu schweigen von seinen Soli auf dem Marimbaphon und vielen weiteren bekannten und unbekannten Schlaginstrumenten aus der ganzen Welt: Kleine und große Trommeln, Becken, Congas, Bongos, Marimba, Xylophon, Vibraphon – schlichtweg alles, was man mit Schlägeln, Sticks, Klöppeln, Armen und Händen bearbeiten kann. Superman und Indiana Jones gaben sich die Ehre, und bei genauem Hinhören huschte auch  Frank William Abagnale Junior von Catch me if you can durch die Partitur. Besonders gelungen war eine Passage, in der zunächst weiche lyrisch-gehauchte Marimba-Sounds das Harry Potter-Motiv anstimmten, um dann sanft in das Klagethema von Schindlers Liste hinüberzugleiten, sensibel angestimmt von Heiko Jung am E-Bass.

Mit spitzbübischer Vorfreude sagte Grubinger das nächste Stück an: Exzerpte aus dem vierten Satz des Concerto for Percussion and Orchestra von Fazıl Say, welches Grubinger gewidmet ist. „Als ich in Deutschland studierte, habe ich viele Einflüsse aus der türkischen Folklore in meiner Musik entdeckt; und heute habe ich einen Stil gefunden, der mich widerspiegelt, der individuell ist und mich sehr zufrieden macht. Dazu gehören auch die tonalen und folkloristischen Elemente. Das steckt so in meinem Blut.“, so Say. Bulgarische Folklore war ebenso hörbar wie Balkan-Sounds, Zigeunertonarten und Klezmer-Klänge, klangvollendet wiedergegeben auf Marimbaphon und Boobams. Das sind mit Membranen bespannte Rohre, die beim Anschlagen einen hohlen, weichen Klang ergeben und in verschiedenen Tonhöhen die Phrasen des Marimbaphons imitierten. Es folgte das mitreißende Stück Teen Town des Bassisten Jaco Pastorius.

Mit Number of faith stand noch ein weiteres Werk von Martin Grubinger sen. auf dem Spielplan. Es repräsentiert in vielfältiger Weise die Zahl Sieben. Einerseits aufgrund der vertrackten 7er Metren, vor allem aber weil ein traditionelles baskisches Schlaginstrument zum Einsatz kommt, welches aus sieben unterschiedlich großen Holzstäben besteht, die mit Schlegeln und Händen bespielt werden und einen archaischen dumpfen Klang erzeugen. Perfekt abgestimmte Ensemble-Passagen wechselten sich ab mit solistischen Einlagen einzelner Musiker. Unerhört, was da aus großen und kleinen Instrumenten gezaubert wurde; da wurde selbst eine kleine Schellentrommel mit rhythmischem Sprechgesang zu einem orchestralen Großereignis. Vor einer packenden Zugabe endetet das offizielle Konzert mit dem Stück Birdland von Joe Zawinul. Treffender als Martin Grubinger selbst konnte man die Stimmung diese kurzweiligen Konzertabends nicht zusammenfassen: „Es geht wuid her.“

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