In der gestrigen Matinee im Konzerthaus präsentierten das Wiener KammerOrchester, Stefan Vladar und Thomas Quasthoff Musik von Mozart, Prokofjew und Poulenc in familienfreundlichem Format. Es war ein Nachmittag voller wunderschöner Musik, der an junge Zuhörer gerichtet war und solche, die im Herzen jung geblieben sind. Da mein eigenes Kind schon zum Spielen verabredet war, habe ich mir die neunjährige Nachbarstochter für den Nachmittag „ausgeliehen“, und so zogen wir los zu ihrem allerersten klassischen Konzert.
Mozarts letztes Klavierkonzert Nr. 27 in B-Dur, bei dem Vladar dirigierte und begleitete, eröffnete das Konzert. Vladar ist seit 2008 Chefdirigent des KammerOrchesters, und man konnte förmlich spüren, wie wohl er und sein ausgezeichnetes Ensemble sich zusammen fühlen – nicht, dass die Musiker viel Unterstützung bräuchten. Sie spielen, als teilten sie alle eine Seele, und in puncto Phrasierung, Dynamik und Stil sind sie außerordentlich detailliert. Vladar schickte sie flott in den Mozart, und ihre Energie und ihr Engagement ließ nicht nach. Während dieses Mozart'schen Meisterwerkes, zweifelsohne eine Perle der Perfektion in einem Meer von Instrumentalliteratur, stachen Vladars Fokus auf Einsätze und expressive Artikulation besonders hervor. Im Larghetto, dem Mittelsatz, sangen seine Finger melodiös, und das verspielte Finale verbreitete kindliche Ausgelassenheit.
Dem folgte Poulencs Geschichte von Babar, dem kleinen Elefanten, erzählt von Thomas Quasthoff. Für diejenigen, die noch nicht mit dem Werk vertraut sind, sei es hier kurz zusammengefasst: Es beschreibt das Leben eines kleinen Elefanten, Babar, von seiner Geburt über seine Abenteuer in der großen Stadt bis zu seiner Rückkehr in den Dschungel, seiner Heirat und seiner Krönung zum König (nachdem der alte König einen giftigen Pilz verspeist und daran stirbt). Dabei freundet sich der kleine Elefant mit einer alten Frau an, kauft eine ganze Menge ein, probiert sich durch jeden nur vorstellbaren Nachtisch und fährt sogar Auto. Jeder Abschnitt gesprochenen Textes malt ein so besonders schönes Bild, dass man sich ein Lächeln nicht verkneifen kann, und Poulencs eigene, harmonische Welt, sein Talent für farbenreiche Orchestrierung und sein Sinn für Humor durchdringen das ganze Werk. Zu den Höhepunkten gehört die Beschreibung der Stimmübungen der alten Frau, die Babar nachahmt, und eine Szene, in der drei junge Elefanten im Auto aus der Stadt fahren, und ihre Mütter neben dem Auto her sprinten, die Rüssel hoch in die Luft gereckt, damit sie den Ruß und Smog nicht einatmen müssen. Nach der Krönungsfeier wendet sich das Stück mit dem Satz „Die Gäste sind heim gegangen, sehr zufrieden, aber müde, weil sie zu viel getanzt haben. Noch lange werden sie an dieses schöne Fest denken.“ einem schläfrigen Ende zu.
Prokofjews Peter und der Wolf rundete das Konzert nach der Pause ab. Die Blech- und Holzbläser glänzten besonders in ihren Beschreibungen der bekannten Charaktere des kleinen Vogels, der Ente, der Katze, des Wolfs und des Großvaters. Quasthoff, dessen vokales Talent legendär ist, war ein außerordentlich warmer, wohltönender Sprecher. Beiden Geschichten verlieh er Gewicht und Autorität, und färbte seine Stimme zu jeder Figur passend ein, vom heldenhaften, jungen Peter bei Prokofjew bis zum weisesten und ältesten Elefanten bei Poulenc.
Als wir das Konzerthaus verließen, verriet mir meine neunjährige Begleitung, dass ihr das Konzert sehr gut gefallen hat. „Die Bühne ist nicht so groß wie die bei Die Große Chance im Fernsehen,“ fügte sie hinzu, „aber es war trotzdem wirklich, wirklich gut!“