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Familiensache: Benda und Mozart mit der Akamus bei FEL!X 2025

Par , 31 août 2025

Als Familienunternehmen machten sich die Mozarts 1763 zur ersten großen Deutschland- und Westeuropatournee auf, um die Wunderkindgenialität Wolferls mit Schwester Nannerl an den Höfen vorzuführen. Station darauf war natürlich Mannheim und die von der böhmischen Familie Stamitz geprägte Orchesterelite der Zeit, bevor es unter anderem mit vielen Komponisteneindrücken weiter nach Paris ging. Eine Verbindung, die nicht nur geschmacklich mit den Einflüssen des Mannheimer Kurfürsten naheliegt, sondern sich 1777/78 bei Mozarts langem, mit Muttertod und Liebe schicksalhaftem Aufenthalt in beiden Städten wiederholte. Und eine Kombination, die sich überschneidende Phänomene damaliger Periode abbildet: Sturm und Drang, deutsches Singspiel und Melodram.

Elias Arens
© Gian Paul Lozza

Mit der literarischen Bewegung setzte sich der Einfluss des deutschen Wortschatzes in der Hinsicht fort, dass italienische und französische Opern wieder um muttersprachliche Formate ergänzt wurden. Ausfluss dessen war auch die Gattung des aus Frankreich schwappenden, in Deutschland auf fruchtbaren Boden fallenden Melodrams. Neben allen Musikreformen und Starrevuen Glucks sollte dabei ein Name überall ganz oben stehen: Georg Anton Benda, Zögling eines anderen, böhmischen Familienunternehmens.

Kein Haus kam ab 1775 ohne die Schlager Ariadne auf Naxos und Medea (Libretto: Friedrich Wilhelm Gotter) des Gothaer Kapellmeisters aus, Letzterwähnter von Mozart in Mannheim in höchster Bewunderung vernommen. Schon daheim präsentiert, konnte ihn die Akademie für Alte Musik Berlin unter Konzertmeisterleitung Bernhard Forcks, gemeinsam mit Mozarts sogenannter Haffner-Symphonie, nun zum 250. Jahrestag beim FEL!X-Festival der Kölner Philharmonie vorstellen. In Bendas damals nur einmal aufgeführter, 2018 durch Marcus Bosch und die Cappella Aquileia erstveröffentlichter Mannheimer Fassung von 1784, die er in der Partitur als letztgültige zur Verbreitung kennzeichnet.

Diese lag der Akamus ausgesprochen gut, vollzog sie Bendas anspringende Affekte aus Medeas schäumender Rache und der entsetzlichen Trauer über die mörderische Zerstörung ihrer und Jasons Familie sowie damit verbundene Lautmalereien in theatralisch unmittelbarer, griffiger, kontrastvoller, florierender, hellwacher Art auf erwartet fulminantem, allein im Lamento intonatorisch leicht angeschlagenem Niveau. Dabei managte das Orchester hervorragend, die zwischenzeitlichen Harmoniemusik-Freudenlieder aus der Ferne aufgezeichnet in das Bühnen-Live einspielen zu lassen.

Jene Affekte kitzelte die weitbekannte, das Schicksal auf der Dirigentenposition in den Händen haltende Schauspielerin Meike Droste rezitierend fesselnd in größter, stets in allem psychotischen Medea-Wahn nahbarer Bandbreite heraus, die von diabolisch, den lauten Knall innetragender, beginnender Gedämpftheit über stolz-wüterigen, anklagechangierenden Abwägungsfuror in den Tatfantasien bis zu atemlos-spitzerem Geschrei in der Motiv- und Entschlusskulmination reichte. Ihr waren die unschuldigen Söhne (Anniek und Jesper Mooij) samt Hofmeisterin (Maren Schlüter-Mooij) in verständlich starrer, unbeabsichtigt aber zugleich etwas loriothaft wirkender Verschüchterung ob Medeas Verfassung genauso ausgeliefert wie dramatisch verzweifelter Jason (Elias Arens).

Für die Familie Haffner hatte Mozart 1776 eine Hochzeitsserenade komponiert, die so sehr gefiel, dass der ehemalige Salzburger Bürgermeister 1782 eine neue Arbeit für eine Feier seines Sohnes bei Leopold Mozart bestellte. Reichte Vater Mozart diese an seinen selbst in Familienplanung befindlichen Spross weiter, der aus der frischen Serenade heutige Symphonie samt Flöten und Klarinetten in den Ecksätzen formte, schreibt ihm jener am 7. August 1782: „das Erste Allegro muß recht feuerig gehen. – das lezte [gemeint ist der vierte Satz] – so geschwind als es möglich ist.“

Während die Anforderung im Allegro con spirito erst mit zunehmender Spieldauer der Akamus (ohne Klarinetten!) einigermaßen in Erfüllung ging, konnte davon im biederen Presto tempomäßig kaum die Rede sein. Zudem nahmen sich die Pauken im Gegensatz zum Symphonieanfang trotz prominenterer Effekte zurück, um lediglich in der Schlusscoda stärker aufzufahren. Auch wenn die Bläser akzentuiert zur Stelle waren, blieb dies Teil nicht recht gefundener Gesamtbalance, da die Streicher leider im Vergleich zu danach aufgeführtem Benda verhaltener zu Werke gingen. Schien es, als wollte Forck dem Mozart damit eine vermeintlich hochzeitstaugliche wie programmkontrastierende Leichtigkeit verleihen, funktionierte dieser differenzierte, interpretatorisch unausgegorene Spagat vornehmlich in den charmant-verschmitzteren Mittelsätzen mit stimmigerer Bogenphrasierung.

***11
A propos des étoiles Bachtrack
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Critique faite à Kölner Philharmonie, Cologne, le 30 août 2025
Mozart, Symphonie no. 35 en ré majeur, « Haffner », K385
Benda, Medea
Meike Droste, Medea
Elias Arens, Jason
Akademie für Alte Musik Berlin
Bernhard Forck, Director/Violin
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