Einen ganz tschechischen Abend erlebte man vergangene Woche in der Düsseldorfer Tonhalle: Die Tschechische Philharmonie interpretierte neben heimatlichen Klängen von Leoš Janáček und Antonín Dvořák Robert Schumanns Klavierkonzert. Dabei wurde Solistin Khatia Buniatishvili vom Orchester in einen sanften Klang-Mantel gehüllt.

Einen Hauch von Pathos überbrachten die Bratschen in Janáčeks symphonischer Dichtung Des Spielmanns Kind, während die Bässe mit kratzigen Einwürfen die vermeintliche Idylle unterbrachen. Als Vorlage für diese Komposition diente eine Schauerballade des sozialkritischen Dichters Svatopluk Čech, eine Geschichte um einen toten Dorffiedler und dessen Kind, das selbst am nächsten Morgen in den Armen einer alten Frau tot aufgefunden wird. Janáček vertonte das Leben und den Tod des Geigers, den der Konzertmeister mit großem Vibrato und sattem Ton charakterisierte. Mit großem Impetus wurde ein voluminöser Orchesterklang geschaffen und die weiten romantischen Linien in lebhafter Manier gestaltet.

In leuchtenden Farben war auch Dvořáks Siebte Symphonie zu hören. Der Komponist gilt als derjenige, der die reichlichen Facetten seiner böhmisch-mährischen Heimat mit größter Leichtigkeit in seinen Werken gebündelt hat. Als Auftragskomposition der London Philharmonic Society erzählt Dvořáks Siebte Symphonie jedoch weniger von seiner Heimat als von nachdenklicher Leidenschaft. So ließ Jiří Bělohlávek dem Orchester keinen Moment der hundertprozentigen Entspannung: Ständig unter ständigem Strom stehend bat das Orchester im dritten Satz zum feurigen Tanz; inerhalb der großen Linien wurde mit klarem Klang gewitzelt; feine, dynamische Abstufungen beseelten die massige Klangfarbe. Im Diminuendo wurde die Musik nicht nur leiser, sondern glitt von einem strengen Portato hin zu auflockernd süßen Tönen. Mit Freude waren die Interaktionen zwischen den Musikern im Orchester mitzuerleben, die wirklichen Spaß beim Musizieren zeigten. So gelangen der aufgeweckten Tschechischen Philharmonie jeder Tempowechsel im finalen Satz mit akribischer Präzision und zusätzlichem, interessant gestalteten Emotionenwechsel. 

Interaktion fand auch zwischen der Solistin des Abends und dem Orchester statt. Khatia Buniatishvili lauschte nicht nur ihrem eigenen Spiel genau nach, sondern hörte jeder Phrase des Orchesters zu, um sich dann selbst samtig weich in den Klangmantel der Tschechischen Philharmonie hüllen zu lassen. Im ersten Satz des Schumann'schen Klavierkonzerts, der ursprünglich als Fantasie angelegt war, ist das Soloinstrument untrennbar mit dem Orchester verwoben. Khatia Buniatishvili zog alle Aufmerksamkeit auf sich, ohne sich dabei bewusst in den Vordergrund zu drängen, und brillierte im ersten Satz mit innerer Ruhe. Jeder Ton wurde bedacht und aussagekräftig angeschlagen und das verpackte sie in einem unaufhörlich fließendem Klangteppich. Ganz leise, fast nicht hörbar und dennoch so präsent schmiegte sich Buniatishvili durch das Konzert und zwang damit den Zuhörer, genau hinzuhören– was man in Anbetracht ihrer lässigen und gefühlsbetonten Samtigkeit im Anschlag nur all zu gern tat.

Kreisende Läufe und Triller wurden jeweils sehr kompakt zusammen gehalten und bildeten schöne kleine Einheiten innerhalb der Phrasen. Selbst in Momenten, in denen das Klavier nur Begleitmotive zu den prominenten Bläsersätzen zu spielen hatte, strahlte die auch noch so leise getragene Bewegung aus dem Flügel in den Saal hinein. In der Solokadenz riss Buniatishvili dann gänzlich das Steuer an sich. In einem wahnsinnigen Tempo flogen ihre Finger hier über die Tastatur und verliehen den Punktierungen in der Kadenz einen jazzigen Touch. Danach zog sie sich wiederum nicht ganz zurück, sondern trat in einen Dialog mit dem Orchester, das unter Jiří Bělohlávek den ganzen Konzertabend über viel an klanglicher Lebendigkeit bot und an dem Khatia Buniatishvili mit ihrer feinen, aber bestimmten Art den Zuhörer einem starken Sog gleich mitriss.

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