Stefan Herheim hat seinen Wechsel vom Regisseur zum Intendanten des bis vor kurzem noch als Theater an der Wien bekannten Hauses brillant eingeläutet. Seine Eigeninszenierung von Leoš Janáčeks vertrackter Fabeloper Das schlaue Füchslein ist opulent, technisch komplex und grandios, sowohl was den Aufwand als auch die Ästhetik anbelangt, und außerdem voll von Metasprache. Vielleicht als Anspielung auf die Renovierung – die Produktionen werden für zwei Jahre von der regulären Spielstätte des Theaters in das Museumsquartier verlegt, um dort kostspielige Renovierungsarbeiten durchzuführen – beginnt und schließt die Inszenierung mit Szenen hinter den Kulissen; eine riesige Libelle wird gebaut oder Teile eines gigantischen Herzens gemalt (Bühnenbild von Silke Bauer). Nicht, dass alles überdimensional wäre; was die Protagonistin mit schlichtem Handpuppenkopf und buschigem Schwanz an Charme versprüht, war ebenso subtil wie beeindruckend (Kostüme Doris Maria Aigner).
Janáčeks Oper bewegt sich durchgehend auf parallelen Ebenen und verbindet Tierszenen in der Natur mit menschlicheren Themen. Basierend auf Liška Bystrouška, einer Fortsetzungsgeschichte von Rudolf Těsnohlídek, ist sie nicht nur voll von Grübeleien über das Leben, den Tod und die Natur, sondern diente dem 70-jährigen tschechischen Komponisten vor allem dazu, seine komplizierten Gefühle für die viel jüngere, unerreichbare Kamila Stösslová, die er als Füchslein Schlaukopf verkörperte, zu verarbeiten – und seine anhaltende Obsession mit ihr. Während der gesamten Aufführung beobachtet eine Figur – offenbar der Komponist selbst (Tenor Ya-Chung Huang) – das Geschehen und wird gelegentlich in die Handlung eingefügt.
Herheim geht noch einen Schritt weiter und thematisiert die gesellschaftliche Besessenheit von weiblicher Sexualität – in den Medien, auf der Bühne und im Leben – und die damit einhergehende Gewalt. Nirgendwo wird dies deutlicher, als wenn die künstlerischen Hauptdarstellerinnen plötzlich von ihren männlichen Gegenspielern erstochen und erwürgt werden, um dann von Harašta (klangvoller Bariton, Marcell Bakonyi) mit einem atmosphärisch beleuchteten (Paul Grilj) Mähdrescher mit Klingen aus Notensystemen niedergemäht zu werden. Die Frauen sind nicht weniger gewalttätig: einzeln, wenn die freche Füchsin einen Haufen Hühner zum Aufstand aufruft und ihnen dann die Köpfe abschlägt, und in Gruppen als Femen-Aktivistinnen, die den Pfarrer/Dachs (Levente Páll) kurzerhand ausschalten.
Die Wiener Symphoniker waren unter der fähigen Leitung von Giedré Slekyté wunderbar und erweckten sowohl den schwungvollen Schwung als auch den rustikalen Flair von Janáčeks Partitur zum Leben. Stimmlich war die Besetzung ähnlich stark. Dass Mélissa Petit (Füchslein) an einer Halsentzündung litt, wäre ohne Ankündigung kaum aufgefallen, und Jana Kurucová (Fuchs), Milan Siljanov (Förster) und die Mezzosopranistin Alžběta Vomáčková (Eule, Schopfhenne, Frau Paškova, Frau Försterin) waren herausragend.
Es war herrlich, erstklassigen klassischen Tanz auf der Bühne zu sehen (Lara Almonem, Martina Consoli, Sophie Melem, Filip Löbl, Yannick Neuffer, Florent Operto), und die beiden ausgewählten Mitglieder des Arnold Schoenberg Chors und der St. Florianer Sängerknaben verdienen eine Erwähnung für ihre Nebenrollen, während der Ensembleklang während der Hochzeitsszene sicherlich noch einen letzten Schliff hätte vertragen können.
Wir sind gespannt, was auf dieses vielversprechende Debüt folgen wird – hoffentlich ist es repräsentativ für das, was noch kommen wird. Wie dem auch sei, Herheims Jungfernfahrt in seiner neuen Funktion bestätigt seine Fähigkeit, ein weniger geradliniges Werk mit Sorgfalt und Ehrgeiz zu meistern und seine eigene Stimme enthusiastisch einzubringen.
Ins Deutsche übertragen von Elisabeth Schwarz.