Dass mich nach meinem Aufeinandertreffen mit dem Freiburger Barockorchester im Mai und deren Interpretation Georg Philipp Telemanns Donnerode beim direkt nächsten Rezensionstermin des Ensembles Georg Friedrich Händels Dixit Dominus erwartete, ist ein wirklich glücklicher Zufall. Schließlich ist das Werk, wie Telemanns Stück, dasjenige Händels, welches mich seit jeher begleitet. In der Kindheit fasziniert schätzen gelernt, bezeichnete ich es daher mal als die kompositorische Dreieinigkeit des Komponisten. Sie stammt selbst aus den ganz jungen Jahren Händels Schaffens, ist sogar dessen frühesterhaltene sakrale Arbeit aus Italien. Kristian Bezuidenhout stellte sie gemeinsam mit seinen FBO-Kollegen, Solisten und dem vertrauten Chor der Zürcher Sing-Akademie Händels späterer London-Motette, Silete venti, in der Kölner Philharmonie gegenüber.

Um das in sakral-weltlicher Ambiguität liegende Programm instrumental zu füllen, und wie sich herausstellen sollte, das „Gloria Patri“ des Dixit Dominus durch die Hervorhebung des Orgelparts in der Bassstimme neben der generellen Dramaturgie durch den Übergang der Solomotette mit zweiter Arie und „Alleluia“ zum Chorwerk mit einem Teil des ersten Abschnitts des Abends zu verbinden, erklangen zunächst Händels aus Einzelmouvements zusammengestellte atypische Ouverture in D, HWV337, und Orgelkonzert, Op.7 Nr.4 (mit einem von Händel verwerteten Telemann-Thema im „Allegro così così“). Dabei gelang dem FBO das sie auszeichnende Kunststück, die Sätze in der Mischung aus phrasierungsgriffiger wie ausdrucksformender Spritzigkeit und jeden Anflug von eingefahrener Beliebigkeit vermeidender Gelassenheit frisch, lebendig und einfühlsam zu gestalten. Daraus erwies sich der dem ouvertürenklassischen Adagio folgende Largo-Triosatz mit Gottfried von der Goltz‘ Geige, Daniela Liebs Traversflöte und dem Generalbass als äußerst apart.
Spielte Bezuidenhout darin das Cembalo, tauschte er in bei ihm als Solist und Dirigent in Erscheinung tretender Praxis den Platz für das Orgelkonzert mit Organist Sebastian Wienand. Im hohen Register so luftig wie möglich und etwas kontrastierend zur dunkel angelnden Bassseite, generell zart und würdig sowie das Cembalohafte unterstreichend, verlieh Bezuidenhout dabei der Truhenorgel (in ausgewähltem Klangschema dem Rückpositiv gedenkend) einen dezenten Charakter menschlicher Persönlichkeit, der in steter Eleganz und natürlich auch orgelimmanentem feierlichem Gestus schließlich ein Faible für kleinere spielerische Affekte und das größere Aufperlen ensembleexakter galanter Tänzerigkeit hatte.
Mit sinnigem, gänzlich unübertriebenem Inszenierungsauftritt in die unterbrechende „Sinfonia“ von Silete venti hinein gab Robin Johannsen dem titelgebenden „Accompgnato“-Imperativ eine glaubwürdige Basis; stimmlich zudem dadurch, dass sie der weichen Besänftigung ihren Stempel aufdrückte, dessen Zeichen die harmonische Betonung und Phrasierung des FBO sehr gut aufgriff und die flackernden Bewegungen in die besungenen sanft-süßen Herzensregungen überführte. Die sympathische, überdies stilistisch angenehme Zurückhaltung und Geschmeidigkeit stand logischerweise auch den Linien des taktfioriten „Date serta“ passend zu Gesicht, in der Johannsens Sopran ebenfalls den nun wieder – jetzt herrnpreisenden – Windaufnahmen der B-Teil-Passagen, wie beim „Alleluia“, ihre versierte Geläufigkeit entgegensetzen konnte. So hervorragend das Einfügen in dieser Hinsicht gelang, so allerdings bedauerlich die gleichzeitige Feststellung, dass die vormalig treffliche Balance abhandenkam, ging Vokales mitunter zu sehr in der Orchester-Dynamik unter, in der sich ab und zu auch schon die Obligatoboe Josèp Domènechs schwerlicher behaupten konnte.
Intravokale Balance zwischen leicht unterbesetzten Damen- und dazu präsenteren Herrenstimmen der schlanken, kompakten, klaren und darin leuchtenden Zürcher Sing-Akademie war beim fünfstimmigen Dixit Dominus ein nur etwas minder störend auffallender Aspekt im Vergleich zu – das höchste Niveau beachtend – manch schleppendem, unsaubererem, bei aller übrigen Einbringungsfreude und Akkuratesse einzelpartundefinierbarerem Solo- oder Tutti-Einsatz. Zwar machten insbesondere die Chorsolisten Anna Veiteberg, Jane Tiik, Florian Feth und am überzeugend solidesten Matija Bizjan, zudem wieder – auch stilistisch weitgehend – Johannsen, ihre Sache grundsätzlich recht ordentlich. Jedoch mochte insgesamt kein wirklicher Funke überspringen oder Soggedanke bei der Interpretation entstehen, verschenkte Bezuidenhout wegen eines zu starken Klangkorsetts nun Möglichkeiten bei deutlicherer Dynamik und Expression; oder gewohnter, inspirierender Rafinesse, wie zum Beginn des vielversprechenden glücklichen Zufalls.