Lange hat man Mozart in Salzburg nicht mehr so mitreißend erlebt. Mit dem neuen Tito gelingt Neo-Intendant Markus Hinterhäuser ein Coup, der erhoffen lässt, dass sich Salzburg einer neuen goldenen Ära entgegenbewegt.
Mit Spannung wurde die erste Festspielpremiere unter Markus Hinterhäuser erwartet, hatte er doch für Mozarts Tito den russisch-griechischen Ausnahmedirigenten Teodor Currentzis mit seinem musicAeterna Orchester gewinnen können. Vielleicht liegt es auch an dem russischen Gastensemble, dass man sich in den ersten Reihen der Felsenreitschule an diesem Abend mehr wie auf einem Treffen russischer Oligarchen fühlte denn bei einer Festspielpremiere.
Schon der Auftritt Currentzis‘ bricht mit Traditionen. Er erscheint mit einer kleinen Taschenlampe, nachdem das gesamte Auditorium in Dunkelheit gehüllt ist und vereitelt so den Begrüßungsapplaus. Nach den ersten Takten ist klar, dass Currentzis und sein Orchester einen herausragenden Abend garantieren werden. Selten hat man Mozart so differenziert und so spannungsgeladen gehört. Currentzis, der Rock’n’roller der Klassikszene, setzt auf starke Akzente, kammermusikalische Intimität und es gelingt ihm Generalpausen bedeutungsvoll auszukosten, ohne dabei ins Ordinäre zu verfallen. Auch die eingebauten Ausschnitte aus der c-Moll Messe und der Maurerischen Trauermusik bringen neues Licht in das Werk und halten den Spannungsbogen über den Abend hinweg hoch.
Sein Ensemble hing ihm an den Lippen und reagierte auf kleinste Hinweise mit brillanter Sinnlichkeit und Feinfühligkeit. Auch der musicaAeterna Chor überzeugte mit exzellenter Balance und einem derartig harmonischen Zusammenklang, dass man meinen könnte, die Sänger hätten ihr Leben lang nichts anderes getan.
Die Produktion von Peter Sellars trifft ebenfalls einen Nerv der Zeit und bringt die Flüchtlingsproblematik sowie den Terror unserer Gegenwart auf die Bühne. Hochpolitisch und mit überaus philosophischen Zwischentönen zeigt Sellars die Probleme von Rassentrennung, Fremdenhass und menschlichem Mitleid auf, wobei es ihm gelingt, dabei nicht allzu pathetisch zu werden. Sellars ruft mit seiner Inszenierung zu mehr Menschlichkeit und einem Miteinander auf, um Terror und Hass keinen Nährboden zu geben. In seiner Darstellung lässt er Titus nach Sestos Anschlag tatsächlich – entgegen dem Original, in dem Titus unbeschadet davonkommt – während des Schlusschors sterben und die Oper wird mit Mozarts Maurerischen Trauermusik düster beendet.