Das Schaffen Franz Schuberts, das vor allem aus über 600 Liedern besteht, dem Konzertbesucher des 19. und 20. Jahrhunderts bekannt zu machen, war Ziel so einiger namhafter Notensetzer der ihm folgenden Generationen. Natürlich von Sammler, Arrangeur und Herausgeber Johannes Brahms, aber genauso bekanntlich auch auf anderer Seite der deutschen Schule durch Franz Liszt. So transkribierte dieser allein 55 Lieder oder orchestrierte – mit aller Ursprungsinspiration aus der Rosamunde-Romanze – die Wanderer-Fantasie, die sein österreichischer Vorgänger in einer abgebrochenen Aufführung resigniert „verteufelt“ haben soll.
Diesen auszüglichen Abriss der Verbindung Schubert – Liszt vereinten der inzwischen etwas kürzer tretende Jos van Immerseel und sein Originalklangorchester Anima Eterna Brugge für das Eröffnungskonzert des Klavierfestivals Ruhr im Programm mit der Rosamunde-Ouvertüre (eigentlich Zauberharfe), Liszts Fantasie-Fassung, der Unvollendeten und dem Zweiten Klavierkonzert. Dabei trat diesmal Joseph Moog für seine zehnte Rückkehr zum Festival, aber erstmals mit epochengetreuen Instrumenten in gewohnt kleinerer Besetzung, als Solist an Immerseels Berliner Bechstein-Flügel von 1870 in Erscheinung.
Nach der würdig-festlichen Ouvertüre, in der agogische und vor allem starke dynamische Kontraste durch Bläser und Koen Plaetincks rhythmus- und schlagikonischen, dramatischen Pauken im ansonsten eher mezzopiano gehaltenen Tanz von sich reden machten, tat Moog dies in der Fantasie mit geradezu teufelsaustreibender Wanderlust über allen technischen Herausforderungen und romantisch-melancholischen Unwägbarkeiten. Er griff so in der durch historisches Gerät schon der Fabrikation und Eigenheit nach stets näher, farbiger und von Anima Eterna theatralisch dargestellten Natur die Akzente und Phrasierungen gekonnt auf, führte die Dialoge mit Flöten, Christopher Palametas Oboe und die kantilenigen Elegien mit dem Solocello Dénes Karasszons besonders eng und triumphierte trotz allen zwischenzeitlichen Grübelns sowie tüchtiger, poetischer Schmeicheleien und jovialer Wahnwitzigkeit mit tragikverdrängender Erreichung der sehnsüchtigen Destination. Beeindruckend, wie er sich dafür in der kurzen Vorbereitung mit dem dunkleren, leicht kantigeren, zu vertonter Gefühls-, respektive Zeitmotivik passenden Flügel-Idiom sowie dem Orchester in überblickendem Sensorium arrangierte. Bei den späteren Applausfolgen wirkte das Verhältnis zwischen van Immerseel und Moog dabei fast wie Vater und Sohn, jedenfalls wie Mentor und mit allem Talent überhäuftem Zuhörer und Aufgeschlossenem zu neuem „Alten“.