Tutto Mozart! In diesem Jahr huldigten die Pfingstfestspiele in Salzburg fast allein ihm, dem übergroßen Sohn der Stadt. Unter anderem mit Titus, einem Pasticcio aus den Da-Ponte-Opern und diesem Konzert am sonnigen, schon fast sommerlichen Samstagnachmittag. Heiter war's nicht nur draußen, heiter wurde es auch im Großen Festspielhaus: zweimal C-Dur, einmal D-Dur. Die pure Freude, Mozart ohne Tragik oder Dämonie. Weitgehend jedenfalls.
Es gab die Symphonie KV 297, die Mozart während seines längeren Aufenthalts in Paris schrieb. Mozart zeigte sich den dortigen Gepflogenheiten anpassungsfähig und verzichtete auf das in Paris unübliche Menuett. Auch den zweiten Satz komponierte er auf Verlangen des Veranstalters neu. Die ursprüngliche, viel interessantere Fassung erklang aber in diesem Konzert. Paavo Järvi nahm die Symphonie mit der Deutschen Kammerphilharmonie ausgesprochen flott und frisch. Energie pur trieb die Musik. Den ersten Satz, Allegro assai, eröffnen drei lange Noten, dann kommt ein kühner Schleifer nach oben, der wie ein Peitschenhieb klang. Bis zum Finale hielt dieser Drive. Spannende Wechsel zwischen einzelnen Gruppen und Tutti im Finalsatz, die bei der Uraufführung zu Szenenapplaus geführt hatten, wurden hier (wie es sich heute gehört) erst am Schluss, dann aber mit Riesenjubel bedacht.
Die Kammerphilharmonie Bremen gab ihr Debüt bei den Salzburger Pfingstfestspielen und kam unter Paavo Järvi, seinem künstlerischen Leiter seit bald 20 Jahren, hervorragend an. Die 41 Musikerinnen und Musiker, historisch bestens informiert, aber keineswegs dogmatisch, bestachen durch ihren eleganten, kristallklaren und kernigen Klang. Die Streicher flexibel, schlank, vibratoarm, wunderbar weich besonders mit Dämpfer (im Andante der Jupiter Symphonie). Das Holz jeweils nur doppelt besetzt, Flöten und Oboen immer wieder hell aufleuchtend, warm die Klarinetten, untergründig markant die Fagotte, brillant die Hörner und Trompeten. Nicht zu vergessen die trockenen, unerbittlichen Schläge der Pauke. Järvi schuf mit der Kammerphilharmonie ein Höchstmaß an Transparenz, vor allem aber einen beredten Klang und wunderbare Übergänge.
Etwa im ersten Satz der Jupiter Symphonie am Ende des ersten Themas, das mit zwei Vierergruppen abfallender Achteln endet: Wie Järvi hier sanft ins Pianissimo abphrasierte, einfach göttlich! Überhaupt Jupiter, Mozarts letzte Symphonie, der Gipfel seines symphonischen Schaffens. Sie kam hier majestätisch und leicht zugleich zur Aufführung. Beinahe wie neu gehört. Kaum den Begrüßungsbeifall abwartend schlug Järvi schon zum unisono-C und den folgenden zwei nach oben geschliffenen Sechzehnteltriolen. Allegro vivace hat Mozart notiert. Mehr Kraft wäre kaum denkbar, welche die Musik hier zu vollem Leben brächte. Und mit welcher Lust im letzten Satz das Fugenspiel zu verfolgen! Mozarts Kunst der Fuge wurde es genannt, weitab jedoch von trockener Gelehrsamkeit.
Zwischen den beiden Symphonien stand Mozarts Klavierkonzert in C von 1787. Nur mühsam konnte er es durchsetzen, die geplante Uraufführung fiel mangels Publikum sogar ins Wasser. Unverständlich, denn es ist durchaus volkstümlich und auch prachtvoll im Klang. Daniil Trifonov beließ es in seiner klassischen Eleganz und versuchte erst gar nicht, seinen Virtuosenmut daran zu kühlen. Zu Recht, so kam die Schönheit der stellenweise schlichten Melodien zum Vorschein, die unter seinen hochsensiblen Fingern nie simpel klangen. Mit viel Erfindungsreichtum führte Trifonov in der kurzen Kadenz äußerst geschmackvoll durch die Variationen und Modulationen. Der Bösendorfer erlaubte ihm warmen Klang und verbot kalte Brillanz. Das war hier mehr als angemessen, denn auch Järvi führte das Orchester bei aller Energie zu einem runden, temperierten Klangbild. Wie in einem magischen Figurenspiel ließ Trifonov in der Zugabe, dem Adagio aus der Sonate KV 332, nochmals sein pianistisches Feingespür aufblühen.

Die Zugabe des Orchesters allerdings verwunderte etwas. Vielleicht ob zu viel Heiterkeit davor oder um nochmals seine überragende Spielkultur vorzuführen? Die Kammerphilharmonie verabschiedete sich mit der Melancholie von Sibelius, seiner Valse triste. Wunderschön gespielt allerdings.