Wenn Sir John Eliot Gardiner in der Philharmonie dirigiert, dann bringt er Musik zu Gehör, die selten auf dem Programm der Berliner Philharmoniker steht: dieses Mal sind es Brahms’ Schicksalslied und Mendelssohn Bartholdys „Lobgesang“. Während die Komponisten selbst jeweils große Stücke auf ihre Werke hielten, stehen sie sonst jedoch im Schatten anderer Arbeiten. Gardiner brachte für die Aufführung seinen Monteverdi-Choir mit, den er 1964 gegründet hat, um mit ihm die Werke genau nach seinen Vorstellungen einstudieren und aufführen zu können.
Strikt trennte Brahms die beiden göttlichen Strophen in Hölderlins Gedichtvorlage von denen, die dem menschlichen Schicksal zugewandt sind. Tonschön, hell und licht, ließ der Monteverdi-Choir seine Stimmen darum zunächst „in stiller ewiger Klarheit“ über dem Orchester schweben. Mit Staccato-Tönen schlug der Chor in der Darbietung der vom menschlichen Schicksal handelnden dritten Strophe das Wasser an die Klippen. Die eigentliche Herausforderung dieses Stückes liegt aber in der Gestaltung von Prolog und Nachspiel. Zu Beginn suchten die Philharmoniker, bei denen Suyoen Kim vom Konzerthausorchester als Erste Konzertmeisterin mitwirkte, nach Balance und wussten dies durchaus in den Dienst der Musik zu stellen, denn diese dunklen Töne sind keine Einstimmung auf das klingende Elysium. Das Orchester spielte langsam und sehnsuchtsvoll, und brachte am Ende eine im Ungewissen verbliebene Musik zum Klingen, deren Wendung nach C-Dur nicht zur Apotheose verbogen, sondern als Verklärung in Spiegelschrift musiziert wurde.
Bei Mendelssohn Bartholdys Zweiter Symphonie „Lobgesang“ war nun alle Skepsis einem Jubel gewichen, der nicht Ziel einer Entwicklung, sondern Inhalt des ganzen Werkes ist. Die drei Instrumentalsätze nahm Gardiner zügig im Tempo, sogar das Adagio religioso. Die Streicher drosselten ihr Vibrato durchweg auf ein Minimum zurück und musizierten dadurch drahtig und dies sehr konzentriert und puristisch. Die Bläser spielten gleichfalls wie durchgelüftet und nie schwer-gepanzert, sondern klar und immer streng im Metrum. Sehr markig, aber nicht auftrumpfend intonierten die drei Posaunen die Eingangs-Fanfare, die dann als roter Faden durch das ganze Werk geführt wurde.