„Komponieren Sie doch auch mehr für Gesang.“ So beschrieb Robert Schumann 1839 seine Pläne im Brief an den befreundeten Komponisten Hirschbach. Und seiner Verlobten Clara Wieck bekannte er: „Das Klavier wird mir zu enge.“ In der Tat hatte er bis dahin fast ausschließlich für das Klavier komponiert. „Ach Clara, was das für eine Seligkeit ist, für Gesang zu schreiben, die hatte ich lange entbehrt.“ Dieser Schaffensrausch dauerte an im „Liederjahr“ 1840, mit dem ersten Liederkreis, Op.24 (nach Gedichten von Heinrich Heine) und dem Zyklus Myrten, Op.25 (nach verschiedenen Dichtern).
Im September 1840 konnten Clara und Robert endlich heiraten; als Hochzeitsgeschenk überreichte er ihr das prachtvoll eingebundene Heft der Myrten, das durch inhaltliche und stilistische Vielfalt besticht. Beim gut besuchten Liederabend im Prinzregententheater, innerhalb der Opernfestspiele der Bayerischen Staatsoper, hatte Christian Gerhaher diesen Zyklus an den Beginn gesetzt. Ein wunderbarer Kunstgriff, die 26 Lieder dieser Sammlung je nach Sichtweise im Wechsel mit der Sopranistin Julia Kleiter vorzutragen, die Palette feinster Nuancierungen damit zu erweitern. Gerold Huber, seit einer Dekade bereits Gerhahers großartiger Gefährte durch Schumanns Liedschaffen und ebenfalls gebürtig im niederbayerischen Straubing, schuf das pianistisch klangfarbenreiche Bühnenbild zu den zumeist nur wenige Minuten langen Kleinodien aus Dichtung und Melodie. Von gemeinsamen früheren Liedprojekten kennen sich auch Kleiter und Gerhaher.
So war die Wahl, Kleiter mit Friedrich Rückerts Widmung beginnen zu lassen, bereits selbst eine Interpretation. „Du meine Seele“ steht für die lange, ungetrübte Verbundenheit, mit der Clara den Geliebten gegenüber ihrem skeptischem Vater verteidigt hatte. Kleiter drückte da empfindsam die stille Beharrlichkeit aus, die innere Gewissheit einer richtigen Entscheidung, gerade in wachsender Zuversicht in der Wiederholung des ersten Teils. Sie gab dabei der Versuchung nicht nach, Szenen durch Vibrato zu dramatisieren, blieb die sanfte, oft geheimnisvolle Erzählerin. In ein beglückendes Wechselspiel von Stimme und Klavier glitten Kleiter und Huber im Nussbaum, der so viele Erinnerungen an Küsse, Rauschen und Flüstern birgt, die in den Zwischenspielen des Klaviers ihr Echo fanden. Ebenso innig auch Goethes Lied der Suleika, das in der letzten Strophe im sehr bedachten Crescendo die Klarheit einer Liebe im Gewand der Poesie erreicht sah. Amüsant Kleiters Beschreibung des geheimnisvollen Rätsels, ein Ding zwischen Himmel und Hölle in so vielerlei Höhen zu finden, das am Ende im H-Dur des Pianisten aufgelöst wurde.